Eher zufällig stieß ich wiedermal auf ein altes Patent aus Forst. Dr. med. KANTOROWICZ ließ sich 1893 einen „in ein Untersuchungs-Sopha wandelbaren OP-Tisch“ patentieren.
Zu dem Mediziner Dr. (Benno?) Kantorowicz konnte ich nichts weiter in Erfahrung bringen.
Meine Recherche endete dann jedoch bei dem in Forst geborenen Prof. Dr. Ernst Kantorowicz. Vermutlich ist dies ein ein Sohn des o.g. Arztes und Erfinders. .
Sein Leben, das 1892 in Forst begann wurde ihm in 1944 in Auschwitz genommen.
Hier seine Biografie Ernst Kantorowicz, am 16.09.1892 in Forst (Lausitz) geboren, ging in Hannover zur Schule und studierte Rechtswissenschaften in Lausanne (Schweiz), Heidelberg, Berlin und Göttingen, wo er 1917 promovierte. Von 1920-1930 lebte er in Kiel, wo er unter anderem (seit 1928) Leiter des Jugendamtes und der Volkshochschule und Dozent für Jugendrecht an der Universität Kiel war. 1930 wurde er nach Frankfurt am Main berufen und wurde Professor für Staatsbürgerkunde und Sozialwissenschaften und Leiter der pädagogischen Sektion des „Freien Deutschen Hochstifts“. Hier kam es zu einer heftigen Auseinandersetzung zwischen ihm und Vertretern der NS-Pädagogik (besonders mit Prof. Ernst Kriek). 1933 wurde er verfolgungsbedingt entlassen, der Lehrauftrag entzogen. Der aus einem völlig assimilierten Milieu stammende Ernst Kantorowicz, der bis dahin wenig judaistische Kenntnisse besaß, gliederte sich nach 33 in die jüdische Gemeinschaft ein. Er half Martin Buber beim Aufbau der „Mittelstelle für jüdische Erwachsenenbildung“ im Rahmen der „Reichsvertretung der Deutschen Juden“, und wurde als Nachfolger Martin Bubers, der 1938 nach Palästina emigrierte, Leiter der „Mittelstelle“. Neben seinen hiesigen Vorträgen, hielt er auch Gastvorlesungen über Gesellschaftskunde im Breslauer Rabbinerseminar. Ernst Kantorowicz wurde nach dem Novemberpogrom am 11. November 1938 im Rahmen der „Sammelaktion“ verhaftet, bei der gezielt Männer verhaftet wurden, die entweder Ämter in der jüdischen Gemeinde oder anderen jüdischen Organisationen innehatten oder aber als vermögend galten. Gemeinsam mit 2.621 Frankfurter Juden wurde er in das KZ Buchenwald gebracht (Häftlingsnummer 24678). Ende Dezember 38 wurde er aus der Haft entlassen, da seine Frau nachweislich die Auswanderung in die Niederlande vorbereitete. Nach seiner Haftentlassung wurde seine Pension gestrichen, sein Haus in der Fuchshohl 67 musste im Januar 1939 für 19.000 RM verkauft werden. Die Familie emigrierte nach Amsterdam, wo sie am 20. Juni 1943 verhaftet und nach Westerbork gebracht wurde, von dort nach Bergen-Belsen, und im Januar 44 nach Theresienstadt deportiert. Mitte Oktober 44 kam Ernst Kantorowicz nach Auschwitz, es wird berichtet, dass er auf diesen Transport ging, da er sich weigerte, diejenigen auszuwählen, die von Theresienstadt aus in die Vernichtungslager deportiert werden sollten. Ernst Kantorowicz starb vermutlich noch im selben Monat. Margarete (Margaretha) Kantorowicz wurde am 13.09.1903 in Amsterdam geboren. Seit 1930 lebte sie mit ihren beiden Kindern aus erster Ehe, ihrer Tochter Marion Ellen Levita und ihrem Sohn F. Levita (der den Holocaust überlebte), in Frankfurt. Während ihr Ehemann 1938 im KZ Buchenwald inhaftiert war, betrieb sie die Vorbereitungen zur Auswanderung in die Niederlande. In Amsterdam wurde die Familie drei Jahre nach der Besetzung der Niederlande durch die deutsche Wehrmacht verhaftet. Margarete Kantorowicz und ihre Tochter Marion Ellen Levita kamen auf einem „Todesmarsch“ nach Bergen-Belsen, wo beide im April 45, dem Monat, in dem das Lager befreit wurde, starben. Nur der Sohn überlebte die Lager.
Quellen: Datenbank des Jüdischen Museums Frankfurt - Paul Arnsberg, Die Geschichte der Frankfurter Juden seit der Französischen Revolution, Band 3 - Biographisches Lexikon, Darmstadt 1983 Deborah Krieg, Arbeitskreis „Stolpersteine“ Eschersheim/Dornbusch/Ginnheim
An Dr. ERNST KANTOROWICZ, MARGARETE KANTOROWICZ, MARION ELLEN LEVITA erinnern drei Stolpersteine in Frankfurt am Main, Fuchshohl 67
Dr. Ernst Kantorowicz war der Sohn von Dr. med. Benno Kantorowicz, der vermutlich zum Ende des Jahres 1891, die aus Frankenstein i. Schl. stammentde Paula Schindler ehelichte. Die Verlobung fand im Juli 1891 statt.
Dr. Ernst Kantorowicz und seiner Frau Margarete (geborene Prins) wurde im April, Juli und Augst 1940 die Staatsbürgerschaft aberkannt, das Vermögen beschlagnahmt und die Doktorwürde aberkannt.
Vermutlich im Zuge der deutschlandweiten Verhaftungen im Rahmen der Pogromnacht 1938, wurde Ernst Kantorowicz verhaftet und im KZ Buchenwald inhaftiert. Anbei zwei Dokumente aus den Arolsen-Archives, Eine Karteikarte und die Veränderungsliste aus dem Dezember 1938, als Ernst Kantorowicz wieder entlassen wurde.
Nach der Übersiedlung in die Nierderlande, wohnte die Familie mit den Kindern aus der ersten Ehe von Margarete Prins in Amsterdam in der Harlingvliet 20, Später erfolgte wohl noch einmal ein Umzug. Auch diese Dokument stammt aus den Arolsen-Archives.
Ernst und Margarete Kantorowicz wurden laut dem Holcaust-Gedenkportal Theresienstadt im Oktober 1944 nach Auschwitz deportiert. Vorher waren beide wohl in Bergen-Beldsen inhaftiert.
Die Transportkarten (aus den Arolsen-Archives) belegen dies.
Die Nationalsozialisten drehten im Ghetto Theresienstadt den Dokumentarfilm "Theresienstadt . Der Führer schenkt den Juden eine Stadt". Er ist einer der perfidesten NS-Propagandafilme. Der Film entwirft ein idyllisches Bild des "Prominenten-KZ" Theresienstadt: Die Inhaftierten, in ziviler Kleidung, sind bei Arbeit, Sport, Erholung und diversen Kulturveranstaltungen zu sehen und scheinen ein angenehmes Leben "unter sich" zu führen.
Die Internetseite "filmportal.de" hat dazu einen Beitrag verfasst und führt unter "Alle Credits" Ernst Kantorowizc als Mitwirkenden, so wie viele andere Bekannte jüdische Persönlichkeiten, wie Leo Baeck.