Am 10. April 1620 wurde Ferdinand II. von Bieberstein geboren. In diesem Jahr jährte sich damit sein 400. Geburtstag. Schade eigentlich, dass dieses Jubiläum vom letzten Forster Biebersteiner so gar keine Beachtung gefunden hat. Immerhin tragen die Stadt Forst und viele Forster Vereine das Wappen der Biebersteiner.
Ich selbst bin immer fasziniert von den Aufzeichnungen in der „Schneider-Chronik“ die sich mit dem Tod und der Beerdigung von Ferdinand II. und dem Ende der Forster Biebersteiner beschäftigen. Ich habe die, zugegeben recht lange Passage, hier mal abgeschrieben.
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Vom Tod des letzten Biebersteiners in Forst. Ferdinand II. 1620-1667 Nachdem Ferdinand seit der Rückkehr von der Reise zu seines Schwiegervaters Bestattung fortwährend an einem auszehrenden Husten gelitten und geraume Zeit den Dr. Tarnovius aus Guben gebraucht hatte, wurden zuletzt noch der kurfürstliche Leibarzt von Dresden und der Sagan’sche Arzt geholt, aber ohne Erfolg, und des Kranken letzte Stunde rückte immer näher. … Der Herr verschied den 16. October in der Nacht zwischen 10 und 11 Uhr, unter dem Gebete des Superintendenten Römer, indeß der Diakonus Canabäus die hochbetrübte Frau Gemahlin tröstete, die immer aus einer Ohnmacht in die andere fiel, daß auch der Doctor vollauf zu thun hatte. Nach dem Ableben des Herrn wurden alle Pforten und Thüren am Schlosse fest verschlossen, und außer dem Superintendenten niemand heraus gelassen. Dieser ging im Geleite des Hofrichters Tonien mit etlichen Bedienten bis an den Steg, und dann durch des Leinwebers Thersen Haus, welches wegen des ehemaligen Durchganges durch dasselbe ein Freihaus ist, und als er über den Steg herüber war, wurde derselbe zertrümmert, und ist nachher nicht wieder hergestellt worden. Nachdem er durch die Badergasse und das Gäßchen am Markte zum Bürgermeister Semm’schen Hause gekommen war, und durch 3 Schläge an den geschlossenen Fensterladen das verabredete Zeichen gegeben hatte, eilte der Herr v. Mihlen mit seiner Mannschaft in das Schloß. Die Zugbrücke, an welcher ihn der Kanzler Richter erwartete, wurde niedergelassen, und, als alle hinüber waren, wieder aufgezogen. Das Gerücht von des Herren Tode verbreitete sich alsbald in der ganzen Stadt Herr v. Mihlen nahm unterdessen für den Herzog Besitz vom Schlosse. Das Bieberstein’sche Wappen wurde mit schwarzer Farbe überstrichen, und das neue herzogliche Wappen angeschlagen. In der Stadt hörte man nur Weinen und Wehklagen ...
Die Leiche wurde zuerst in das unterste Tafelzimmer und nachher in das Trauerzimmer gebracht, welches mit schwarzem Tuche ausgeschlagen war, und es wachten zuerst 6 Bürger dabei, worauf die Frau Wittwe verordnete, daß 12 Wachskerzen Tag und Nacht brennen, und statt der Bürger 2 vom Adel, 2 vom Rathe und 2 Bürger, die beiden vom Adel auf schwarzen Polterstühlen, zum Haupte der Leiche sitzend, die übrigen aber stehend, Wache halten sollten. Am Thore standen zwei Bürger schwarz gekleidet mit Partisanen und zwei andere am Eingange des Schlosses.
Am Begräbnistage, den 22. Februar 1668 warb von 8 bis 9 und von 10 bis 11 Uhr mit allen Glocken gelautet, und unter dem letzten Geläute die hohe Leiche von 6 Adeligen und 12 Bürgern in das Vordergemach und gegen 12 Uhr in den Untersaal an der großen Thüre gebracht. Der eichene Sarg war mit violettem Sammet ausgeschlagen und mit schwarzem überzogen. Zum Haupte stand der Hauptmann, zur Rechten des Sarges 6 Edelleute, desgleichen zur Linken desselben, in langen schwarzen Mänteln und Flören. Auf jeder Seite brannten 6 Wachskerzen, und oben und unten 3, auch standen auf jeder Seite 3 Bedienten, zu den Füßen der Kanzler und vor der Thüre 2 Marschälle mit langen Stäben. Halb 1 Uhr erschien der Leichenwagen mit 4 Pferden und darauf der sämmtliche Adel, 65 Personen stark. Im großen Trauersaale wurde Wein und Gebackenes vorgesetzt. Die Geistlichen mit ihren Küstern versammelten sich in der Schule, und zogen von da in Prozession, zuerst die Schule, dann die sämmtlichen Küster und zuletzt die sämmtlichen Prediger, auf’s Schloß. Jeder Knabe erhielt 2 Groschen Spende. Zwei Reitknechte hielten das Freudenpferd und zwei das Trauerpferd. Hierauf ward das Lied: „Christus, der ist mein Leben“ u. s. w. gesungen, und dann die Parentation (Trauerrede) gehalten, während welcher die Leiche auf den Trauerwagen gebracht wurde. Der Herr v. Reibnitz, der das Freudenpferd ritt, setzte sich mit vergoldeten Harnisch auf dasselbe und tummelte damit auf dem Schloßhofe herum. Der Zug nach der Stadtkirche, an den die Frau Wittwe sich nicht anzuschließen vermochte, erfolgte in folgender Ordnung: 2 Marschälle, 3 Paar herrschaftliche Bedienten ohne Mäntel, die sämmtlichen Küster, wieder ein Marschall, die Schule, die sämmtlichen Geistlichen, deren 16 gewesen, wieder einige Bedienten ohne Mäntel, der Herr v. Berge mit der Freudenfahne zwischen 2 Bürgern mit Partisanen (Stoßwaffe), 6 Paar Adelige in langen Mänteln und Flören (Flor Plural), der Herr v. Reibnitz auf seinem Pferde, der Superintendent zwischen zwei Geistlichen, wieder einige herrschaftliche Bedienten mit seidenen gelben und rothen von der Schulter bis zur Erde flatternden Bändern, der Hauptmann im Trauermantel und mit Flor, die hohe Leiche auf dem Trauerwagen, um und um mit Schilden und Wappen behangen, mit den gestickten Sprüchen: „Wer Gott hat, der hat alles;“ ferner: Psalm 73 v. 25.
Offenb. 21 v. 4. Es ist da ein so erbärmliches Weinen und Jammern auf dem Schlosse gewesen, wie man es dort wohl nicht wieder hören wird. Der Leiche folgten die fürstlichen und gräflichen Deputirten und andere vornehme Standespersonen, 12 Paare vom Adel, das Trauerpferd, einige herrschaftliche Bedienten, mit rothen und gelben Bändern von den Schultern herabhängend, ohne Mäntel, ein Marschall, viele Edelleute Paar und Paar in schwarzen Mänteln und Flören, ein Marschall, der Doctor, der Hofrichter und andere vornehme Standespersonen, der Rath und die ganze Bürgerschaft. Die Menge des Volks war so groß, daß den andern Tag weder Brot, Bier, noch Wein zu bekommen gewesen ist, und die Kirche war so gefüllt, daß nur wenige Bürger hinein konnten. Die Küster vom Lande zogen vom Kirchhofe mit den Bauern der nahen Dörfer unter dem Liede: „Freu dich sehr, o meine Seele,“ in die wendische Kirche. Nach der Trauermusik folgte das Lied: „Herrlich lieb hab’ ich dich“ u. s. w., nach welchem der Superintendent die Kanzel bestieg und die Leichenpredigt hielt, worauf und nach dem Liede: „Mitten wir im Leben“ die hohe Leiche gehoben, der eichene Sarg in den kupfernen gesetzt, verschlossen und in das Erbbegräbniß unter dem Taufsteine gebracht wurde. Von der Musik und dem Gesange war vor dem Weinen und Wehklagen der Anwesenden kein Wort zu verstehen. Vor der Einsenkung der Leiche wurde ein Tisch mit dem Harnisch, Fahnen, Degen und Sporen vor das Altar gesetzt und während des Liedes: „Valet will ich dir geben“ und während der Einsenkung der Leiche in der Mitte der Kirche, wo alle Frauenstände weggeräumt waren, Platz gemacht, und der v. Dalwitz, der mit dem Bieberstein‘schen Wappen vor dem Sarge hergegangen war, trat mit diesem Wappen auf den leeren Platz und erklärte, daß, da nunmehr das Bieberstein’sche Haus ausgestorben und sein Wappen erloschen wäre, die auf dem Tische befindlichen Gegenstände in der Kirche zum ewigen Gedächtnisse aufgehangen, Schild und Wappen aber zerschlagen werden sollten, welche letzteren auch sofort von 2 Bedienten auf die Erde geworfen und in Stücken zertrümmert wurden. Die Stücke wurden von den hierzu verordneten Marschällen zusammen gelesen und der Leiche in das Erbbegräbniß nach geworfen, worauf der Herr v. Dalwitz das Volk an den neuen Herrn, den Herzog Christian von Sachsen Merseburg verwies, und diesem zu dem Anfange der Herrschaft Glück wünschte, wobei kein Auge trocken blieb. Wer einmal in der Kirche war, mußte darin bleiben, weil niemand sich von der Stelle bewegen konnte. Nach dem Einsenken der Leiche ward die Abdankung gehalten, und nach wiederholter Musik der Rückzug auf das Schloß begonnen. Die ganze Nacht hindurch brannt eine Menge Wachskerzen in der Kirche und 6 von Adel und 12 Bürger standen Wache, auch war jede Kirchthüre durch 3 Männer mit Partisanen besetzt. … Der Verewigte war ein milder, trefflicher Herr. Er hat viel zur Wiederherstellung der 1645 abgebrannten Kirche gethan, sie, nachdem sie etliche Jahre nur mit Stroh gedeckt gewesen, mit einem Ziegeldache und einem festen Gewölbe, desgleichen mit einem schönen, ansehnlichem Altare mit reichlich vergoldeter Schnitzarbeit versehen lassen, auch ein Ansehnliches zur Orgel beigetragen. Seine einzige Ergötzlichkeit war das Reiten und die Jagd. Schandbare Worte und Flüche hat man nie von ihm gehört, und dem öffentlichen Gottesdienste und dem heiligen Abendmahle wohnte er fleißig bei, hielt auch täglich seine Betstunde. Nachträglich wird noch bemerkt, daß er Landrichter der Niederlausitz gewesen ist. --------------- Bei der Sanierung der Gruft im Südbereich der Kirche wurde ein alter Abgang wieder geöffnet. Im der Verfüllung fand man einige Bruchstücke, die vielleicht etwas mit dem zerschlagenen Wappen zu tun haben könnten.