Bedauerlicherweise wurde dem 125. Geburtstag von Otto Nagel (1894-1967) in Forst keine Beachtung geschenkt. Er wäre am 27.September 2019 gewesen. Der Maler Otto Nagel lebte mit seiner Frau zwischen 1943 und 1945 in Forst und war hier als Künstler tätig. Er galt als gefragter Portraitmaler. Zudem schuf er viele Stadtansichten fernab von den üblichen und bekannten Postkartenmotiven. Leider sind nur sehr wenige dieser Werke noch bekannt. Nachträglich zu seinem 125. Geburtstag hier ein Artikel aus dem Forster Tageblatt 1943.
Otto Nagels Forster Entdeckungen Die Frage, ob es auch im Stadtbilde von Forst noch stille und malerische Winkel gibt, ist oft gestellt und beinahe ebenso oft verneint worden. Aber wie in allen anderen Städten, ist auch hier der Einheimische - merkwürdigerweise – bei der Beantwortung dieser Frage nicht gerade "zuständig“. Denn alles Gewohnte und Alltägliche stumpft bekanntlich ab. Wer hundert- und tausendmal den gleichen Weg geht, verliert die tiefer sehenden Augen aus dem Kopfe. Dem Fremden fällt dagegen mancherlei auf, und ein Mensch mit Maler- und Dichteraugen sieht überhaupt noch mehr, als der nüchterne Betrachter je zu erkennen vermag. So erging es auch dem Maler Otto Nagel, der aus seinem geliebten Alt-Berlin und seiner „engeren Heimat“ Berlin-Nord nach Forst verschlagen wurde und als schaffender Mensch hier auch im Hause Amtstraße 11 sofort ein schlecht und recht improvisiertes Atelier aufgebaut hat. Sein Herz, das menschliche wie das Malerherz, hängt natürlich am alten Berlin, und so ist es denn auch verständlich, daß seine zweite Ausstellung, die er jetzt in seinem Notatelier veranstaltet, wieder im wesentlichen dem alten Berlin gilt. … … Jetzt aber ist er mit seinem Malzeug auch durch die Straßen von Forst gewandert und hat nach Bildern und Szenen gesucht, die es wert sind, festgehalten zu werden. Zweifellos würde der einheimische Laie gesagt haben, dass beispielsweise die Hammerstraße und der Augustplatz ganz gewiss keine großen Motive für einen Maler sind, aber Otto Nagel hat ebe Maleraugenim Kopfe; er braucht dazu nicht einmal das farbenfreudige Sonnenlicht, sondern malt sogar im Regen und bei graustem Himmel. Nebenbei: er malt am liebsten im Freien und am wenigsten im Atelier. Die Straße , so wie sie wirklich aussieht, ist ihm das beste und vertrauteste „atelier“. Deshalb atmen auch alle seine Bilder die gerbe, frische Luft der Außenwelt, auch wenn sie noch so klein sein mag. Nagel ging von der Forster „City“, dem Marktplatz, aus ans Werk und schuf zunächst einmal, sozusagen eine offizielle Verbeugung vor seiner Umquartierungsheimat, ein repräsentables Bild vom Rathause mit dem Altarbau der Stadtkirche als wirksamer Seitenkulisse. Und als es das erste mal geschneit hatte, griff er die gleiche Szenerie noch einmal auf, denn der Schnee ist für Maler keine Deckfarbe, sondern ein Erzeuger neuer Farben. (siehe Bild 1) Dann war Otto Nagel einen langen Blick in die Hammerstraße und entdeckte hier eine sonst kaum gesehene Einheitlichkeit der Szenerie. Er blieb am Augustplatz und am sogenannten Topfmarkt stehen und nahm Pastellstift zur Hand und komponierte sozusagen aus dem Nichts ein lebendiges Bild. Er blickte durch den die Torbögen des Schlosses in die Kirchstraße und fand auch hier neben dem Alltäglichen das Ungewöhnliche. Natürlich bot sich ihm der Mühlgraben besonders eindringlich an, aber nicht dort, wo er poetisch zwischen Gärten und hängenden Weisen dahinfließt, sondern wo er sich in das Leben der Stadt einzwängt. (siehe Bild 2) Daraus sind zunächst zwei wirkungsvolle Pastellbilder entstanden, die den Beschauer den Mühlgraben einmal als etwas durchaus Wesenhaftes erkennen lassen. Es gibt in Forst noch viele Motive, und Otto Nagel will sie uns auch zeigen. Denn seine Pinsel und Tuben und seine Pastellstifte dulden keinen Winterschlaf. Und außerdem ist es immerhin etwas angenehm Auffälliges, dass ausgerechnet ein Umquartierter in Forst seine malerischen Entdeckungen machen und vielen Forstern, die ihre Heimatstadt noch gar nicht kennen, zeigen muß, dass es hier in der Enge selbst für Maler mit weitem Blicke doch allerlei gibt, das der Betrachtung wert ist und das man daher getrost auch malen kann. Zwei der neuen Forster Bilder hat übrigens bereits die Stadtverwaltung erworben.
Max Kickelhahn im Forster Tageblatt am 13.12.1943 (Auszug) Entdeckt von Hagen Pusch – dafür DANKE!
LEIDER SIND NUR WENIGE BILDER AUS DEN JAHREN 1943-1945 ÜBERLIEFERT, DIE OTTO NAGEL IN FORST GEMALT HAT. Es sind die letzten Forster Zeugnisse eines großen Malers, bevor die Stadt im Feuer des Zweiten Weltkriegs ihr altes Gesicht für immer verlor. Wer kennt noch weitere Forster Gemälde von Otto Nagel?
Mehr zu Otto Nagel im Forster Jahrbuch 2017/18 • Der Maler Otto Nagel – Seine Forster Jahre und seine Forster Bilder • Gemälde und Pastelle von Otto Nagel aus seiner Forster Zeit https://museumsverein-forst.de/produkt/f...unde-2017-2018/
Im Rahmen einer neuen Forschungsarbeit, die auch das Haus Leipziger Str. 16 (Freikirchliche Gemeinde) betrifft, bekam ich am Rande diese Information:
„Ist denn der Aufenthalt von Otto und Walli Nagel im Hause Leipziger Str. 16 bzw. auch sonst in Forst mal aufgearbeitet worden? Sie zogen ja erst nach der Zerstörung von Lüdtkes Haus in den Keller der Nr. 16, übrigens mit der Original Totenmaske von Lenin im Gepäck, die Otto Nagel unter Einsatz seines Lebens aus der Sowjetunion rausgeschmuggelt hatte um sie vor Stalin und der Zerstörung in Sicherheit zu bringen.“
Die Geschichte der Totenmaske hat schon was. Für mich ein moderner Reliquien-Kult. Ob das Heiligtum 1943-1945 wirklich mit der Familie Nagel in Forst war … ? Die Quellenlage ist recht dünn. Hier noch ein Artikel aus „Freundschaft“ Tageszeitung der sowjetdeutschen Bevölkerung Kasachstans vom 21. Januar 1970
Wieder ein überaschender Fund zum Aufenthalt von Otto Nagel in Forst. Das NSDAP Blatt aus Baden informierte die Leser, das Nagel nach Forst gezogen ist und mit seinen Alt-Berliner Gemälden sogar eine Ausstellung veranstaltete. „Der Berliner Maler Otto Nagel, der das alte Berlin in Ölbildern und Pastellen festgehalten hat, ist als Umquartierer in Forst(Lausitz) eingezogen. Da er eine große Zahl Alt-Berliner Bilder mitgebrachte hatte, veranstaltete er hier eine Ausstellung und hatte damit bereits einen ersten großen Erfolg.“ Die Meldung erstaunt insofern, da Nagel Kommunist war, im KZ einsaß, Malverbot im Atelier hatte und Bilder auch in den Bereich „entartete Kunst“ fielen.
Das Forster Museum hat nun vier Gemälde Von Otto Nagel im Bestand. Die beiden jüngsten Erwerbungen, ein Ölgemälde ( Rüdiger Straße mit Jule) und ein Pastell (Partie hinter der Stadtmühle) wurden nun in Dresden restauriert.
Das Forster Museum schrieb auf Twitter und Fb.: Gestern hatten wir einen interessanten Einblick in die Restaurierungswerkstatt von Judith Steinke in Dresden. Sie hat 2 Bilder von Otto Nagel aus unserer Sammlung fachgerecht restauriert. Das war nötig, um Bilder und Rahmen wieder in alter Frische erstrahlen zu lassen! Weiter heißt es: Wir danken dem Museumsverein der Stadt Forst (Lausitz) e.V. für die großzügige Unterstützung und natürlich Frau Steinke für ihre tolle Arbeit!
Ein „Forster Nagel-Gemälde“ in Eberswalde. Nach der gut frequentierten Kunstausstellung „Otto Nagel - Menschensucher und Sozialist“ in 2022 hat das Museum Eberswalde 15 Gemälden des Künstlers als Dauerleihgabe von der Akademie der Künste Berlin erhalten und im Oktober 23 eine Kabinettausstellung dazu eröffnet. Darunter befindet sich auch ein Forster Motiv - "Märzsonne in der Forster - Amtsstraße" aus 1944. Nagels Forster Ölbilder und Pastelle stellen für unsere Stadt einen besonderen Schatz dar. Oft abseits der üblichen Postkartenmotive sind seine Werke letzte künstlerische Zeugnisse vor der Kriegszerstörung 1945. Schön, dass unser Museum auch mit Unterstützung unseres Museumsvereins nun vier dieser Stadtansichten in der Sammlung hat, von denen wir hoffentlich einige im neuen Forster Museum auch sehen werden können.
Nun jährt sich schon der 130. Geburtstag des Künstlers. Für alle die, mehr zum Künstler Otto Nagel wissen wollen… In seiner Forster Zeit (1943-1945) schuf er auch wichtige Gemälde mit Forster Motiven kurz vor der Zerstörung der Stadt im 2.WK. Vier davon befinden sich in unserem Museum.
Otto Nagel zum 130. Geburtstag - Ergänzung zu den Straßenschildern
Am 27. September jährt sich der Geburtstag von Otto Nagel zum 130. Mal.
Aus den Reihen des Museumsvereins kam der Hinweis bzw. die Anregung dieses Ereignis nicht unbedacht zu lassen. Die Geschichte hat es gewollt, dass der Künstler einige Jahre in Forst verbrachte. Zu seinen besonderen Verdiensten zählen heute Ölgemälde und Pastelle mit Stadtansichten, die in den letzten Monaten vor der Zerstörung von Forst im 2. Weltkrieg entstanden sind. Ein Artikel im Forster Jahr 2017/2018 geht hier besonders darauf ein. Auch der 92. Forster Geschichtsstammtisch war dem Künstler gewidmet. Auf Anregung des Museumsverein erwarb die Stadt vor einiger Zeit zudem zwei Nagel-Gemälde und gab diese zur Restaurierung. So kann sich das Forster Museums glücklich schätzen, nun insgesamt vier Werke von Otto Nagel in der Sammlung zu haben. Am Montag, den 23. September um 15 Uhr wird der Museumsverein die Straßenschilder in der Otto Nagel Straße in einem kleinen Akt ergänzen. Treffpunkt ist die Ecke Bahnhofstraße/Otto Nagel Straße
Anbringung der neuen Zusatzschilder zum Andenken an Otto Nagel. Am Vorabend des 130. Geburtstages des Malers, aber auch Schriftstellers brachten Mitglieder des Museumsverein neue Zusatzschilder an die beiden Straßenschilder an. Die 1969 im Zusammenhang mit der Umbenennung der Lothringer Straße in Otto Nagel Straße angebrachten Emailleschilder verschwanden im beim Abriss der Eckhäuser. Eins davon rettete der Dachdecker Rösler und übergab dies dem Stadtarchiv. Aus heutiger Sicht sind diese Schilder jedoch mit einigen Mängel behaftet gewesen.