Der Blumenschmuck wirkt feierlich. Aber die Gesichter sind ernst und nachdenklich. Kein Wunder, denn das Bild ist ein über hundert Jahre altes Zeitzeugnis und dokumentiert die Abgabe der Sacroer Kircheglocken für die deutsche Kriegswirtschaft. Die Sacroer verloren in diesem Zusammenhang zwei der drei Glocken.
Kirchenglocken enthalten große Mengen Kupfer und Zinn. Seit Jahrhunderten waren sie daher in Kriegszeiten aus den Kirchtürmen entfernt und in militärisches Gerät umgeschmolzen worden. Ihre Abnahme erregte allerdings starke Emotionen in Teilen der Bevölkerung. Im Mai 1915 startete eine Aktion zur freiwilligen Abgabe von Kirchenglocken. Sie wurden nach ihrem Alter in drei Kategorien unterteilt, nur Glocken aus dem 19. und 20. Jahrhundert standen zur Einschmelzung frei. Diese waren bis Mai 1917 verbraucht. Daraufhin wurden Zwangsabgaben verfügt, wobei lediglich Glocken aus der Zeit vor 1600 geschützt blieben Um weiteres Zinn zu gewinnen, wurde ferner die Abgabe von Orgelzinnpfeifen in Kirchen, Schulen, Konzertsälen und aus Privatbesitz angeordnet, wobei wiederum lediglich historisch wertvolle Werke verschont blieben. Angesichts des ungeheuren Metallbedarfs des Heeres erwiesen sich aber Maßnahmen wie die Kriegsmetallsammlung und die Glockenabnahme letztlich als völlig ungenügend.
Die "Mittagsche Glocke" von Sacro. Bronzeglocke mit großen Biebersteiner Wappen aus dem Jahr 1653. Auf Grund ihrer kulturhistorischen Bedeutung blieb sie von den Glockeneinziehungen im Ersten und Zweiten Weltkrieg verschont. Die Umschrift lautet: FERDINANDUS HERR VON BIEBERSTEIN HERR AUF FORST UND PFÖRTEN, SEINES ALTERS IM 34. UND SEINER REGIERUNG IM 12. JAHRE, ANNO 1653. EHRE SEI GOTT IN DER HÖHE!
Heute ist mir ein Zeitzeugnis aus der Zeit des 1. WK genauer aus 1917 vor die Augen gekommen, dass ich nicht für Möglich gehalten habe. Diese Aufnahme entstand am Forster Gaswerk Hier war die Sammelstelle für die von der Heeresverwaltung eingezogenen Kirchenglocken aus Forst und den umliegenden Gemeinden.
Hier noch ein paar Hintergründe Am 1. März 1917 erließ die Heeresverwaltung eine Bekanntmachung betreffend die Beschlagnahme, Bestandserhebung und Enteignung von Glocken aus Bronze, die mit der Verkündigung in Kraft trat. Schon am 19. Februar schickte der damalige Minister der geistlichen und Unterrichtsangelegenheiten in Kenntnis der kommenden Beschlagnahme der Glocken einen Runderlaß an die Oberpräsidien, in dem er aufforderte, die Bestandsaufnahme der Glocken in Listen mit verschiedenen Abteilungen aufzustellen, um diejenigen Glocken, die einen besonderen wissenschaftlichen, geschichtlichen oder Kunstwert haben, vor dem Untergang zu retten. Die Listen sollen drei Reihen aufweisen, von denen die erste (Klasse A) diejenigen Glocken bezeichnet, die keinen besonderen wissenschaftlichen, geschichtlichen oder Kunstwert haben und demnach dem Zugriff der Heeresverwaltung sofort zu überlassen sind, die zweite (Klasse B) die Glocken, deren Erhaltung aus den angeführten Gründen wünschenswert ist, und endlich die dritte (Klasse C), deren Erhaltung aus solchen Rücksichten unbedingt erforderlich ist.
an anderer Stelle fand ich dann noch dieses: Schwere Opfer hat dieser Krieg unserer Bevölkerung auferlegt, und ein weites. Opfer wird nun von den kirchlichen Gemeinden und ihren Hütern, den Geistlichen, verlangt. Sie müssen ihre Glocken scheiden sehen, die sie liebgewonnen haben, deren Ton sie bei all ihren wichtigsten Lebensabschnitten begleitet bat, sie haben eine rührende Anhänglichkeit an die alten treuen Kirchenglocken, die schon den Vätern und Ahnen geläutet haben.